Navigation  

Bretter, die Sport bedeuten

Zweiter Skiurlaub in Val Thorens

Prolog

Langweilig? Nein, langweilig verlaufen meine Urlaube eigentlich nie, das wissen nicht nur meine Mitfahrer, sondern auch diejenigen, die schon einen oder mehrere meiner Reiseberichte gelesen haben.

Diesmal stand ein Skiurlaub mit Volker-Maas-Reisen auf dem Programm, bei dem Holger und dessen Freundin Heike, sowie mein Lieblingsbruder Martin mit von der Partie waren. Volker Maas trat dabei gar nicht selber in Erscheinung, sondern vermittelte nur für K&S-Reisen.[1][1] Hauptsache nicht Rainbow-Tour. Der Rest ist nicht so wichtig. Eicke, Martin, Heike und Holger.
Eicke, Martin, Heike und Holger.
Wir wollten mit dem Bus nach Val Thorens fahren und dort eine tolle Woche mit Skifahren "verschwenden". Da Heike und ich keine eigenen Skier besaßen, wollten wir uns dort welche leihen. Kurzfristig überzeugte mich mein Bruder dann aber doch, dass sich auch für mich eigene Bretter lohnen würden, und außerdem ist schließlich Rezession, sodass ich dann doch schon am Tag vor Beginn des Urlaubes losgezogen bin, um die heimische Wirtschaft ein wenig anzukurbeln. Nach einer etwas dürftigen Beratung, die diesen Namen nicht verdiente, fand ich schließlich ein Geschäft mit (mindestens) einem kompetenten Verkäufer und ordentlichen Preisen, sodass ich am Nachmittag stolzer Besitzer einer neuen kompletten Skiausrüstung war. Zuhause stellte ich fest, dass die Schnallen von beiden Skischuhen schon hochgradig defekt waren, was hoffentlich nicht der Grund für die Ermäßigung von 50 % gewesen war. Der Umtausch klappte dann aber problemlos, und ich fand es durchaus unterhaltsam, von fünf vor bis fünf nach acht drei Verkäufern dabei zuzuschauen, wie sie verzweifelt versuchten, geschlagene zehn Minuten, von denen mindestens die Hälfte nach Geschäftsschluss lagen, einen Umtausch und einen Neukauf samt Rabatt inkl. Payback-Karte in die Kasse zu bekommen.

Anreise

Los ging es dann als Erstes für Holger und Heike, die in Hannover den Bus bestiegen. Das Busticket für ihren Zustieg kam immerhin schon zwei Tage vorher bei mir an,[2][2] Ich hatte aber auch erst im Oktober gebucht. aber da ich bei Postlieferung nicht anwesend war und der Brief leider nicht ausreichend von Volker Maas frankiert worden war, konnte ich ihn[3][3] Den Brief. erst einen Tag vor Abfahrt abholen. Ich schickte die Bustickets noch schnell 'gen Hannover bzw. Frankfurt und hoffte auf die Schnelligkeit[4][4] Kleier Scherz! Muss ja auch mal sein. der Post. So standen also Holger und Heike ohne Busticket am Busbahnhof. Das war allerdings - wie erwartet - egal, und da sie dort die einzigen Zusteiger und schon eine halbe Stunde zu früh am Bussteig waren, ging es dort halt auch eine halbe Stunde eher los.

Wegen Mangel an Alternativen bestellte ich mir in Kassel ein Taxi, das mich zur Haltestelle bringen sollte. Der Anruf beim Taxiunternehmen verlief dabei sinngemäß so:
"Guten Tag, ich bräuchte einen Wagen, der mich zu 19.15 Uhr zum Rastplatz Kassel bringt."
"Ja, kein Problem, machen wir. Tschüss!"
An diesem Punkt hätte der Herr am anderen Ende garantiert aufgelegt, wenn ich nicht vorher Einspruch erhoben hätte:
"Ähm, müssten Sie nicht wissen, wo Sie mich abholen sollen?"
"Ach so, ja. Das wäre praktisch!"
Ich gab ihm also meine Adresse.
"Gut, dann holen wir Sie um 19.15 Uhr ab."
"Nein, dann möchte ich dort sein."
Rede ich eigentlich so undeutlich? Wir einigten uns schließlich auf 19.00 Uhr, und tatsächlich klingelte auch kurz vorher ein freundlicher Fahrer, der mich zur Raststätte fuhr.

Auf dem Parkplatz wartete auch schon ein niedlicher kleiner Bus (ca. 30 Plätze) mit Pinguinen drauf, da K&S-Reisen gerade von Pinguin-Tours übernommen worden war. Pünktlich verließen wir den Parkplatz und fuhren 'gen Süden, dem Schnee entgegen.

Ich sitze gerne vorne im Bus, da man dort viel besser erleben kann, was alles schief läuft, und schief laufen würde garantiert etwas. Ich bin nun schon häufig genug mit solchen Bustouren unterwegs gewesen, dass ich mir dessen absolut sicher war. Tatsächlich dauerte es nicht mal fünf Minuten, bis die Busfahrer unruhig wurden. Ein Blick auf den rechten Außenspiegel verriet dann auch gleich, dass das Spiegelglas verschwunden war. Glücklicherweise hatten die beiden[5][5] Ihre Namen habe ich leider sofort wieder vergessen. Ich weiß nur noch, dass keiner von ihnen Joachim hieß, wie ein Schild vorne im Bus verkündete. wohlweislich einen Ersatzspiegel dabei. Es schien - zumindest dem einen Busfahrer - keine große Überraschung gewesen zu sein. Es schloss sich eine kurze Diskussion an, ob man den Spiegel suchen gehen sollte, wobei der Bus natürlich weiterhin mit 100 km/h über die Straße donnerte, sodass diese Entscheidung schon lange gefallen war, als die beiden noch diskutierten. Schließlich entschlossen sie sich, den Spiegel aus Sicherheitsgründen auf dem nächsten Parkplatz zu ersetzen. Das machten wir dann auch mehr oder weniger, wenn man davon ausgeht, dass der nächste Rasthof tatsächlich erst mehr als eine Stunde später auftauchte und die dazwischenliegenden Schilder für Raststätten und Parkplätze nur Attrappen waren, um ahnungslose Autofahrer zu verwirren.

Dort gingen die beiden dann auch gleich behände zu Werk, den ursprünglichen Spiegel vollständig zu demontieren und den neuen anzubringen, wobei Sprüche wie "Gut, dass wir aus dem Osten sind. Wir wissen uns zu helfen!" mich nur sehr schwer das Lachen unterdrücken ließen, besonders da ich nicht das Gefühl hatte, dass der Wechsel des Spiegels schnell und unkompliziert über die Bühne ging.

Tatsächlich hielt der Spiegel auch irgendwann und wackelte nicht mehr wie ein Lämmerschwanz, sodass wir weiterfahren konnten. In Bruchsal bei Mannheim wechselten wir dann zu meinem Bruder, der aus Frankfurt kam, in den Bus, mit dem wir direkt bis nach Val Thorens fahren sollten, wobei wir in ihm weder direkt noch bis nach Val Thorens kamen, aber immerhin die grobe Richtung stimmte.

Um 8.30 Uhr morgens waren wir nach umherwabernden Gerüchten laut Busfahrer noch anderthalb Stunden vom Skigebiet entfernt und machten unsere letzte Rast. Ich war erstaunt und erfreut, wie schnell wir durchgekommen waren. Meine Begeisterung flachte allerdings schnell wieder ab, als sich eine Stunde später wieder die letzte Rast anschloss und weitere anderthalb Stunden später erneut eine folgte. Von dem Tal, dass mir aus den letzten beiden Skiurlauben noch vage in Erinnerung war, fehlte dagegen jede Spur. Später stellte sich heraus, dass das Navigationssystem des Busses ausgefallen war. Für Busfahrer scheint allerdings das Lesen von Straßenkarten nicht mehr zur Allgemeinbildung zu gehören,[6][6] Selbst wenn sie aus dem Osten sind und sich gut zu helfen wissen. oder die finanziellen Mittel von Pinguin-Tours waren zu erschöpft, um an einer der vielen Tankstellen eine vernünftige und genügend große Straßenkarte zu kaufen, sodass wir ein wenig verloren durch Frankreich irrten und einige Stunden ins Land gingen, bis endlich der erste Wegweiser mit "Val Thorens" darauf in unserem Sichtfeld erschien. Er verkündete 40 weitere Kilometer über Serpentinen, was die Busfahrer leicht optimistisch mit 45 Minuten veranschlagten. Schon eine Stunde kam die nächste Durchsage unserer Fahrer: Wir hätten nun die Hälfte des Weges durch das Tal geschafft und seien in einer Viertelstunde da. Ob dieser großartigen Rechenkünste ging ein Raunen durch die versammelten Gäste. Mir persönlich gibt dieser Ausspruch einen unwahrscheinlichen Optimismus. So lange die Leute so gut rechnen können, wird der Beruf des Mathematiklehrers und Mathenachhilfelehrers nicht aussterben, ich werde also nicht arbeitslos werden.

Die kommende "Viertelstunde" nutzte Manuel, um sich als unsere Reisebegleitung vorzustellen. Bis zu jenem Zeitpunkt wusste ich gar nicht, dass wir so was hatten, fünf Minuten später war dagegen klar, dass dies kein großer Unterschied war. Die ungefähr drei Fragen, die ich ihm stellte, und deren Antworten tatsächlich einen Wissensgewinn bedeutet hätten (In welchem Appartement wohnen wir? Ab wann können wir rein?)[7][7] Ok, vielleicht waren es auch nur zwei. konnte er allesamt nicht beantworten, da er zum ersten Mal in Val Thorens war und auch zum ersten Mal so eine Reise betreute.

Bald kamen wir nach Les Menuires, wo etwas passierte, womit man in einem Skigebiet aber auch gar nicht rechnen konnte: Es schneite! Das war die gute Nachricht, die schlechte war, dass der Bus nun Schneeketten für die Weiterfahrt brauchte. Glücklicherweise stand ein anderer (deutlich kleinerer Bus) mit Pinguin-Emblem am Straßenrand, der auch tatsächlich Schneeketten dabei hatte. So stieg also die versammelte Mannschaft aus, schaute den Busfahrern zu, wie sie hitzig überlegten, um welchen Reifen denn überhaupt Schneeketten gehören, und sich dann anschließend für die hinteren Zwillingsreifen entschieden. 15 Minuten später - wir schauten noch teils interessiert, teils belustigt zu - war es dann endlich amtlich: Die Schneeketten passten nicht! Also war diesmal für alle körperliche Ertüchtigung angesagt, und der große Bus (samt Anhänger) wurde geräumt und alles in den kleinen umgeladen. Glücklicherweise waren wir nur wenige Leute auf der Hinfahrt, sodass tatsächlich das gesamte Gepäck und alle Mitfahrer beim ersten Mal mitkamen, wobei der große Bus (ohne Schneeketten) die ganze restliche Zeit bis Val Thorens vor uns herfuhr.

Vor Ort

Mittlerweile war es ca. 16 Uhr und daher nicht mehr sinnvoll, heute noch zum Skifahren zu gehen. Also kümmerten wir uns in einer Agentur um Schlüssel und Bettwäsche, stellten erfreut fest, dass wir beides schon bekamen, und bezogen unser Appartement. Wie erwartet konnte man sich darin nicht verlaufen, aber für vier Personen hatte es eine angemessene Größe. Ein wenig bedenklich fanden wir, dass es in der Hauptsaison anscheinend als 6-Personen-Appartement vermietet wurde. Dann würde es sehr eng werden. Andere Gruppen hatten weniger Glück und bekamen völlig verdreckte oder unglaublich zugige und kalte Appartements zugewiesen.

Abends trafen wir uns mit Manuel in einer Bar, um unseren Begrüßungstrunk in Empfang zu nehmen und - viel wichtiger - unsere Skipässe zu bekommen. Damit hatten wir unsere Erwartungen aber augenscheinlich zu hoch gesteckt, da die Busfahrer leider den Scheck in Deutschland vergessen hatten. Er sollte aber tatsächlich früh morgens geliefert werden, sodass wir die Skipässe um halb zehn (eine halbe Stunde nach Pistenöffnung) am Rand der Piste in Empfang nehmen könnten. Wir waren natürlich höchst erfreut über diese Neuigkeiten, ließen die Bar, die an Gemütlichkeit durchaus zu übertreffen war, Bar sein und verzogen uns auf unserer Appartement mit dem Versprechen, dass wir unsere Skipässe selber kaufen und den Preis dem Reiseunternehmen in Rechnung stellen würden, falls sie nicht um Punkt halb zehn an der verabredeten Stelle sein würden. Wir waren schließlich zum Skifahren hier und nicht zum Warten.

Ein neuer Tag begann, und wir befanden uns schon eine Viertelstunde vorher an der verabredeten Stelle, um deutlich zu machen, wie ernst es uns war. Wir waren dann aber doch ein bisschen positiv überrascht, als wir die Skipässe kurz vor halb tatsächlich bekamen und auf die Piste starten konnten. Nachmittags schauten wir noch mal bei der Agentur vorbei, um uns eine Inventarliste ausdrucken zu lassen. Schließlich sollten wir innerhalb von 48 Stunden reklamieren, falls etwas fehlte. Ich hatte dabei an eine Aufstellung von Geschirr und Besteck gedacht und wollte auch Einspruch erheben, falls ein Dosenöffner anwesend sein sollte, da dir den nicht gefunden hatten, tatsächlich standen allerdings solche Sachen wie die Anzahl der Betten, der Herd und der Toilettensitz auf der Liste. Alles Dinge, die wahrscheinlich häufig abhandenkommen.

An der Badezimmertür hing ein Schild mit der Aufschrift "Der Wasserwärmer funktioniert nur in gewissen Zeiten." (Nur jeden 29.2. von 11.00-12.00?) "Um mehr warmes Wasser zu bekommen, einfach den Knopf Richtung UNTEN einschalten. Nach 3 Stunden bekommen Sie wieder warmes Wasser ganz normal." Der Sinn dieses Schildes offenbarte sich uns teilweise, als wir diesen Abend alle duschen und baden wollten. Als ich nämlich als Vierter an der Reihe war und Wasser in die Wanne ließ, kam auch aus dem Heißwasserhahn das Wasser in beinahe Eiswürfelform. Trotz intensiven Suchens fanden wir allerdings keinen Knopf, der auch nur entfernt mit der Therme zu tun haben könnte. Später stellte sich heraus, dass sich dieser Knopf nicht im Bad oder dessen Nähe befand, sondern im Sicherungskasten sein Dasein fristete. Insgesamt habe ich aber sowieso keine großen Auswirkungen feststellen können, was die Ausrichtung dieses winzigen Schiebeschalters betraf.

Tja, und ab dann wurde der Skiurlaub in gewisser Weise tatsächlich ein bisschen langweilig, da wir kaum noch mit unserer Reiseleitung zu tun hatten. So amüsierten wir uns über kleine Dinge (z.B. ein akrobatischer Kunstflug von mir oder Holger, der Heike aus dem Sessellift schubste) und erfreuten uns bei bis zu -21 °C an dem Bilderbuchhimmel, dem guten Schnee und den zahlreichen und gut präparierten Pisten, die Val Thorens und Umgebung wirklich zu einem hervorragenden Skigebiet machen, was wir bis zu knapp über sieben Stunden täglich teilweise ohne Unterbrechung ausnutzten.

Einmal nahmen wir an einem Hüttenabend mit anschließender Fackelabfahrt teil, der von Manuel organisiert wurde. Wir fuhren mit einem der letzten Lifte hoch und versammelten uns an der Hütte. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, dort unseren Platz zu finden (dank Manuel trotteten wir in unseren schweren Skistiefeln mehrmals von unten nach oben und zurück), wurde es ein sehr gemütlicher Abend mit Käse- bzw. Fleischfondue und dem einen oder anderen Gläschen Bier und Wein. Anschließend ging es dann in der Dunkelheit mit Fackeln auf die Piste, um bis an den Rand des Dorfes zu fahren, von wo wir dann laufen mussten. Dass mein Bruder dabei einen Absperrzaun übersah, führte er auf sein mangelndes Sehvermögen in der Dunkelheit zurück, ich dagegen eher auf den gleichen Umstand, der schon seine Schwünge an diesem Abend besonders gut gelingen ließ.

Am darauffolgenden Samstag ging dann der Urlaub dem Ende entgegen. Wir saugten als Endreinigung einmal durch das Appartement, packten unsere Sachen, genossen ein letztes Mal das Skifahren und warteten auf den Bus, dessen Abfahrt mit weniger als einer Stunde Verspätung sich relativ wenig verzögerte. Eigentlich sollten wir um 8.00 Uhr in Kassel sein, und wenn man im Bus sitzt, dann möchte man auch eigentlich gar nicht wissen, wie schnell der Bus gerade durch die Gegend rast, aber ich konnte den Bus schon um kurz nach sechs am Rasthof Kassel verlassen.