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Insel aus Feuer und Eis[1][1] Leider allerdings ohne Feuer.

Mit dem Geländewagen über Island

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Pro-Prolog

"Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von Eicke Ahlers ausginge, dass Isländische Fahne.
Die isländische Fahne hat viel Gelegenheit, im Wind zu wehen.
alle Welt …"
Schlechter Anfang. Wie sieht es denn aus mit:
"Wir schreiben das Jahr 2002 nach Christus. Ganz Europa habe ich schon bereist. Ganz Europa? Nein, eine kleine Insel …"
Auch nicht so das Gelbe vom Ei. Also kann ich für meinen Reisebericht doch keine Vorlage benutzen, sondern muss als mittelmäßig unbegabter Schriftsteller selbst kreativ werden. Immerhin musste ich mir wie so oft nichts ausdenken, sondern konnte prima in der Realität "abschreiben" und hoffe, dass ich so die wenigen Fans, die ich habe, bei der Stange halten kann. Fangen wir also noch mal von vorne an.

Prolog

Da war sie wieder: Die Frage, die eine gemütliche Gesprächsrunde schneller auflösen kann als ein Rudel Piranhas einen achtarmigen Tintenfisch. Die Frage, durch die ein Wohnzimmer schneller geleert wird als ein Konzertsaal durch einen gemeinsamen Auftritt von Heino und den Wildecker Herzbuben.

Wie die Frage lautete? Natürlich: "Wer hat Lust, mit uns Urlaub zu machen?"[2][2] Das war früher. Heute fahren die Leute freiwillig mit mir in den Urlaub.

So schlimm war es natürlich nicht und eigentlich ist das ja auch eine ganz harmlose Frage, wenn sie nicht von Dirk oder von mir gestellt wird. Einige unserer Freunde hatten diese Frage schon lange erwartet und die Geburt ihres ersten Kindes extra in die Sommerferien gelegt (Herzlichen Glückwunsch!), andere warteten mit kurzfristigeren, aber nicht wirklich glaubwürdigeren Entschuldigungen auf. Lediglich Holger schaffte es nicht, rechtzeitig "Ich nicht!" zu rufen, und so machte sich die schon in Australien bewährte Troika[3][3] Vergleiche Reisebericht Australien (2000). auf, auch dieses Jahr wieder einen schönen Urlaub miteinander zu verbringen. Holger musste auch schon deswegen mit, weil es viel mehr Spaß macht, über ihn zu lästern, wenn er dabei ist.

Nachdem die Frage der Besetzung geklärt war, ging es darum, sich auf ein Ziel zu einigen. Im Gespräch war so ziemlich jedes Fleckchen dieser Erde, auf dem sich pro Jahr mehr als zehn Touristen tummeln. Schon vor dem Start ausgeschieden war die Antarktis, weswegen weiß ich aber auch nicht so ganz.

Vor allem Dirk und ich blätterten also im Atlas eifrig zwischen Japan und den USA, zwischen Norwegen und Südafrika hin und her. Nach einem Blick auf unsere kleinen Geldbeutel und durch irgendwelche nicht mehr nachvollziehbaren Gründe schränkten wir die Auswahl auf drei Länder ein: Kanada, Island und Skandinavien. Trotz meiner geringen Geographiekenntnisse weiß ich, dass letzteres kein Land ist, aber wir behandelten es als solches.

Dirk und ich verliebten uns in Island, und letzte Bedenken von Holger, dass dort abends zu wenig los sei, konnten zwar nicht widerlegt werden,[4][4] Wie auch? wurden dann aber doch erfolgreich totgeredet.

Das Ziel stand also fest, die Mitfahrer auch, blieb nur noch der Zeitraum, der vorne durch Holgers Diplomprüfung[5][5] Herzlichen Glückwunsch! und hinten durch Dirks Einschulung begrenzt wurde. Heraus kamen 14 Tage für Dirk und mich, ein paar weniger für Holger.

Jetzt ging es an die Detailplanung. Island ist ein Land, das bis oben hin gefüllt ist mit Einsamkeit und schlechten Straßen. So dachten wir jedenfalls, und davon berichteten auch die Reiseführer. Also wollten wir dort per geländegängigem Mietauto eine Rundreise veranstalten.

Bei STA-Travel standen wir seit dem Australienurlaub sicherlich auf der schwarzen Liste, so dass Dirk sich für ein Reisebüro in Löningen entschied, das es in den Wahnsinn zu treiben galt. So taperte Dirk rund zwei Dutzend Mal dort vorbei, damit sie zwischenzeitlich ein paar Möglichkeiten nutzen konnten, neue Informationen zu beschaffen, sich weiterzubilden und die Preise zu toppen, die wir anderswo ausgegraben hatten. So sank dann auch der Preis für das Mietauto in Regionen, die sich nicht nur Millionäre leisten können. Lediglich das großzügig angebotene Fly&Rail-Ticket, was das Reisebüro für unschlagbar hielt, mussten wir dankend ablehnen, nachdem Dirk dort das Surf&Rail-Ticket der Bahn präsentierte, was noch deutlich preiswerter war.

Nebenbei ging es an die Planung der konkreten Reiseroute, die einerseits die schlechten Straßenverhältnisse und das damit verbundene geringe Reisetempo, andererseits aber auch die Ankunft von Holger berücksichtigen musste. Sie war dann immerhin auch schon am Tag vor der Abreise fertig - jedenfalls vorläufig.[6][6] Irgendwie sind unsere Pläne immer vorläufig und überleben selten den ersten feindkontakt.

Spannend verlief auch das Packen der Reisetasche, die inklusive Zelt, Schlafsack und Luftmatratze 20 kg nicht überschreiten durfte. Also musste gespart werden, wo es nur ging, doch schon, als noch gar nicht alle Sachen beieinander waren, wog mein Gepäck über 27 kg. Das war aber kein Problem, da einfach die schweren Sachen ins Handgepäck ausgelagert wurden. So landete dort auch meine Luftmatratze, die ich sicherlich ganz dringend während des Fluges brauchen würde. Durch geschicktes Ausnutzen dieses zusätzlichen Gewichtstauraumes kamen dann sogar noch wichtige Dinge wie ein paar Socken zum Wechseln und natürlich Süßigkeiten mit an Bord.

12. Juli

Ich hatte für Dirk und mich Bahnfahrkarten im Internet bestellt, die man selber ausdrucken musste. Da er keine Bahncard besaß, ich aber schon, konnte ich keine zwei zusammenhängenden Sitze bestellen. Die Hotline, die ich daraufhin anrief, bestätigte mir auch, dass das nicht möglich sei (auch für sie nicht), und dass wir einfach den Zugbegleiter freundlich bitten sollten, uns zu erlauben, andere Plätze als die reservierten zu benutzen. Tatsächlich gab es da dann auch keine Probleme, wobei ich mir nicht ganz sicher war, ob der Zugbegleiter solche Tickets nicht zum ersten Mal in seinem Leben sah. Er wirkte jedenfalls so.

Wir flogen mit LTU ab Düsseldorf und wussten nicht, ob es dank des von uns gewählten extremen Spartarifes auch etwas zu Essen an Bord geben würde. Dirk, dessen letzte Mahlzeit schon ein paar Stunden her war, sah dauernd gierig Richtung Stewardess und hätte sie wohl auch aufgefuttert, wenn er nicht angeschnallt gewesen wäre. Seine Erleichterung war nicht zu übersehen, als wir schließlich doch etwas Essbares vor uns liegen hatten.

In Egilsstaðir hatten wir kurz Aufenthalt, wo etwa 50 Leute einsteigen sollten, wir zählten ungefähr drei. Interessanterweise sollten wir unsere Gurte während des Tankvorganges lösen, obwohl man sonst ja dauernd im Flugzeug angeschnallt bleiben soll. Bis Egilsstaðir hatten wir einen deutlichen Alte Häuser auf Island.
Ein kleines Museum - aber das waren sie eigentlich alle.
Vorsprung vor dem Fahrplan, aber wir mussten dort lange Zeit auf den Abflug warten, weil noch irgendwelche Papiere nach Keflavik (unserem Zielflughafen) gefaxt werden mussten. Die schienen hier etwas überrascht zu sein, dass wir weiterfliegen wollten.

Im Flughafen von Keflavik nahmen wir unser geländegängiges Auto (Nissan Terrano II) entgegen. Dieses zeichnete sich am Anfang vor allem durch einen Keilriemen aus, der stärker quietschte als eine typische Schlosstür in einem mittelmäßig gemachten Horrorfilm. Später fanden wir heraus, dass er erstens allergisch gegen nasses Wetter war und dass er zweitens schlechte Straßen liebte. Gerade auf holprigen Strecken und bei Wegen mit Wasserdurchquerungen war er gar nicht zu hören, wenn wir uns dagegen für die Hauptstraße entschieden, dann quietsche er teilweise ärgerlich auf. Klingt wie ein Widerspruch, war es in der Realität aber nicht. Ansonsten überzeugte uns das Auto nicht so sehr, da es bei unserer Ankunft erst knapp über 5000 km auf dem Buckel hatte, aber trotzdem das Armaturenbrett auf holprigen Wegen ziemlich laute Geräusche von sich gab. Als Ausgleich dafür waren die Sitzgurte aber so anhänglich, dass sie einen manchmal gar nicht mehr loslassen wollten.

Dirk und ich schnappten uns also das Auto, suchten uns eine kleine Seitenstraße[7][7] Davon gibt es auf Island genug. und machten es uns dort im Auto in der Dunkelheit der Nacht bequem. Es war zwar weder bequem noch dunkel, aber ein wenig Rast brauchten wir trotzdem.

13. Juli

"Wenn dir das Wetter auf Island nicht gefällt, dann warte fünf Minuten. Wahrscheinlich ist es dann schlechter."

Diese Erfahrung konnten wir auf Island häufiger machen, als uns lieb war. So begrüßte uns die Insel gleich mit einer Menge Regen, dafür aber auch mit einem ungeheuren Sturm. Als Erstes stand allerdings ein Supermarkt auf dem Programm, wo wir uns mit ein paar Lebensmitteln und Getränken eindeckten.

Nachdem wir uns gegen einen sündhaft teuren Spirituskocher entschieden hatten, ging es dann schon weiter 'gen Norden nach Akranes. Dort schauten wir uns die sehenswerte Akraneskirkja[8][8] Kirkja=Kirche. an, die glücklicherweise gerade deshalb offen war, weil dort zwei Minuten später eine Taufe stattfinden sollte. Wir wurden eingeladen, der Taufe von der Empore aus beizuwohnen, was wir uns natürlich nicht nehmen lassen konnten. Sie war durchaus interessant, auch wenn unser isländisch so mangelhaft war, dass wir lediglich das Vater Unser und das Glaubensbekenntnis verstehen konnten.

Danach ging es dann weiter in Richtung der Halbinsel Snæfellsnes. Vorher bogen wir bei Arnarstapi von der Hauptstraße ab, um eine große Vogelkolonie und tolle Felsen zu sehen. So tingelten wir ein paar Kilometer durch die Gegend, konnten aber beim besten Willen keinerlei Hinweise auf die Felsen oder die Vögel entdecken. Auch das in unserer Karte eingezeichnete Schloss hatte sich gut versteckt.

Da das Wetter sich aber auch rein gar nicht bessern wollte, entschieden wir uns dagegen, das Zelt aufzubauen und nutzten stattdessen die Möglichkeit, uns mit unseren Schlafsäcken in eine "Sleeping-Bag-Accomodation" zu begeben, was wir in den kommenden Tagen noch häufiger nutzten. Da liegt man dann mit seinem eigenen Schlafsack auf einer Matratze mit teilweise bis zu sehr vielen anderen Leuten im gleichen Raum. Wir hatten immer Glück und mussten unser Zimmer nie mit anderen teilen.

14. Juli

Auf Island ist es teilweise extrem schwierig, sein Geld loszuwerden. Als wir unser Gepäck ins Auto geladen hatten, hatte ich Probleme, jemanden zu finden, der so aussah, als ob er sich auskennen würde, schaffte es dann aber doch. Schnell hatte der begriffen, dass wir nun abreisten, fragte, ob alles in Ordnung gewesen sei, und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Als ich ihm dann die Schlüssel förmlich aufzwängte, bedankte er sich lächelnd, wollte aber immer noch kein Geld sehen. Er war sogar verwundert, als ich welches bezahlen wollte. So holte er dann aber doch Möwe.
In und auf Island sind eine Menge Vögel unterwegs.
irgendwann das Kreditkartenlesegerät heraus, ließ sich von mir die Preise für unsere Übernachtung nennen, addierte sie in Minutenschnelle schriftlich zusammen, und dann durfte ich endlich meine Unterschrift leisten.

Immerhin klärte sich das Rätsel um die am Vortage verschwundene Möwenkolonie und deren Behausungen bald, als wir uns weiter auf der Halbinsel Snæfellsnes vorwärts bewegten: Es gab dort ein zweites Arnarstapi, das dann auch die Versprechen des Reiseführers einhielt. Auf dem Weg dorthin machten wir noch einen kleinen Abstecher von der Straße, um ein weiteres in der Straßenkarte eingezeichnetes Schloss nicht zu finden, was wir dann auch erfolgreich übersahen.

Ein Museum in Hellissandur erinnerte uns daran, dass auf Island alles ein wenig kleiner ist. Das angepriesene Museum hatte zwar zwei schön aussehende kleine Gebäude im Vorgarten stehen, bot für die 2,50 € pro Person dann aber nur eine Ausstellung, die in einer geräumigen Ein-Zimmer-Wohnung Platz gefunden hätte.

Der Gletscher, den wir auf der Halbinsel umrundeten, soll angeblich ein toller Anblick sein, aber wir können das nicht beurteilen, da er sich wegen der dichten Wolkendecke nicht sehen ließ. Trotzdem ging es weiter nach Stykkishólmur und dem Helgafell, den wir trotz Regens bestiegen.

Abends machten wir dann Station in Laugar, was aus einem Hotel, einer Schule, einem Schwimmbad und einem Zeltplatz besteht.

15. Juli

Fast alle Reiseführer warnen davor, die Geschwindigkeit zu überschätzen, mit der man auf Island vorwärts kommt. Uns offenbarte sich Auto fährt durch Pfütze.
So macht das Autofahren richtig Spaß!
dagegen ein anderes Problem: Nach zwei Tagen hatten wir schon den dritten Tag der Planung absolviert. Also wurde die weitere Route erst mal über den Haufen geworfen und ganz neu ausgeknobelt.

Heute ging es als Erstes nach Eirikstaðir, wo wir erleben konnten, wie man zur Zeit der Wikinger lebte. Glücklicherweise war das Museum schon geöffnet, da es gerade heute wegen einer Reisegruppe, die allerdings schon weitergereist war, eher geöffnet hatte. Anschließend durften wir über die erste Straße hoppeln, die eines Geländewagens würdig gewesen ist, und damit erreichten wir auch unsere erste Furt.[9][9] Darauf hatten wir uns schon gefreut.

Die uns vorliegenden Reiseführer raten dringend, alle Furten vorher selbst zu durchwaten, um ihre Tiefe und Strömung zu testen. Dafür hatte ich extra bis zu den Knien reichende Gummistiefel eingepackt. Ein Blick auf den Fluss offenbarte uns allerdings, dass ich aufgrund der Tiefe des Fließgewässers auch in meinen Gummistiefeln nasse Füße bekommen hätte, so dass keiner von uns die Furt genau ausloten wollte. Außerdem schlugen unsere Bücher vor, Furten immer nur im Konvoi zu durchqueren, was uns ein wenig schwer fiel, da wir seit einer halben Stunde kein anderes Fahrzeug mehr gesehen hatten. Also gab es für uns vernünftige und unerfahrene Geländefahrer nur eine Möglichkeit: Ausprobieren.

Wir erreichten das gegenüberliegende Ufer ohne Probleme, und obwohl kein Wasser ins Auto gekommen ist, hatte ich das irrationale Gefühl, als seien meine Füße feucht geworden.

Weiter ging es an mehreren nicht auffindbaren Schlössern vorbei nach Hvammstangi und auf die Halbinsel Vatnsnes, wo uns ein Hinweisschild "Seehundkolonie" und mehrere darum herum stehende Autos zum Aussteigen überredeten, obwohl die Seehunde auf unserer Karte an anderer Stelle eingezeichnet waren. Während des Fußweges zur Küste (50 m) kamen uns die Besatzungen der anderen Autos entgegen, so dass wir alleine am Aussichtspunkt standen. Leider bezog sich diese Einsamkeit nicht nur auf die (nicht) vorhandenen Touristen, sondern noch um einiges mehr auf die Seehunde, für deren Anwesenheit wir keinerlei Beweise finden konnten.

Einen Aussichtspunkt weiter wurde dann in unserem Reiseführer eine einmalige Seehundkolonie angepriesen. Wir hofften, dass sich diese Einzigartigkeit nicht auf ihre Abwesenheit bezog. Wir folgten also dem durch Schafkot markierten Weg zur Küste und konnten tatsächlich auch einige Seehunde entdecken, die sich allerdings so weit entfernt aufhielten, dass auch eine akrobatische Pyramide von 50 Seehunden nicht groß genug zum sinnvollen Fotografieren gewesen wäre. Abends ging es dann noch bei der stärksten Thermalquelle der Welt vorbei, die allerdings so einen starken Wasserdampf verbreitete, dass sie sich persönlich in dichten Nebel hüllte.

16. Juli

Zunächst standen der Barnafoss[10][10] Foss=Wasserfall. und die Hraunfossar.
Die Hraunfossar stürzen aus dem Vulkangestein die Felsen herunter.
Hraunfossar[11][11] Fossar=Wasserfälle. auf dem Programm, die sehr schön anzusehen sind und touristisch praktisch genau nebeneinander liegen. Das hatten die Isländer gut geplant, so dass fast der Eindruck entstehen könnte, Island ist ein einziger großer Betrug. Ein Gedanke, der sich häufiger aufdrängte: An Thermalquellen waren fast immer Rohre zu finden. Wahrscheinlich erhitzen die Isländer das Wasser an anderer Stelle und pumpen es dann nur zu den sogenannten Quellen, um diese für die Touristen vorzutäuschen. Auch in der Nähe etlicher Wasserfälle waren Rohrsysteme nicht weit, die das Wasser den Berg raufpumpen. Gleich daneben liegen dann die Staudämme, die die dafür nötige Energie liefern.

Anschließend ging es dann weiter zur Surtshellir[12][12] Hellir=Höhle. und dann über die Kaldidalur nach Þingvellir, wo das älteste Parlament der Welt tagte. Ich habe ja keinerlei Vorurteile gegen Japaner, aber die wurden dort prompt dadurch bestätigt, dass vier nebeneinander stehende Japaner mit jeweils einem Fotoapparat bewaffnet wie auf einer Hühnerstange aufgereiht genau das gleiche Bild aufnahmen.[13][13] Fairerweise muss ich zugeben, dass das mir und meinen Freunden in manchen Urlauben auch so gegangen ist. Insgesamt hielten sich die auf Island anwesenden Touristen weitestgehend von uns entfernt, was uns nicht wirklich störte. Trotzdem fiel uns schnell auf, dass wir unser Auto immer gut daran von Weitem erkennen konnten, dass es das dreckigste war, obwohl wir sein Äußeres während des Urlaubes vier- bis fünfmal säuberten. Es ist uns schleierhaft, wie die anderen Urlauber ihre Autos so sauber hielten. Trugen die ihre Vehikel etwa durch jede Pfütze?

Spätestens auf dem Weg zum Haifoss wurde uns mal wieder deutlich gemacht, wie begeistert wir von unserer Straßenkarte waren. Dass die dort in Hülle und Fülle eingezeichneten Schlösser nicht zu finden waren, hatten wir schon verinnerlicht, aber an diesem Abend nahmen wir an einer unbeschilderten Kreuzung immerhin schon beim ungefähr sechsten Versuch den richtigen Weg. Na ja, so unbeschildert war die Kreuzung eigentlich auch nicht, standen doch eine Menge roter Warnhinweise in der Gegend rum, die wir aber wegen mangelnder Sprachkenntnisse sicherheitshalber ignorierten.

17. Juli

Auf dem Weg zum Landmannalaugar begegneten wir einem auf der Straße stehenden Bus, aus dem mehrere Fotografen ausgestiegen waren und mit Feuereifer den Boden am Rande des Weges ablichteten. Wir schauten angestrengt, mussten aber fragen, um zu erfahren, dass es dort eine ganz spezielle Moossorte zu bestaunen gab. Wir staunten tatsächlich, allerdings eher über komische Touristen, und setzten unseren Weg fort.

Landmannalaugar ist ein besonders für Wanderungen beliebter Ausgangspunkt, um die Einsamkeit Islands zu erkunden, wenn man mal von den weit über hundert anderen Rucksacktouristen absieht, die die gleiche Strecke gehen. Aber dort fanden wir auch die erste frei zugängliche Quelle, in der man baden konnte, was wir natürlich auch ausnutzen mussten. Dort fließt eine viel zu heiße Quelle in einen kalten Gebirgsbach, so dass das Wasser angenehm warm ist, und jeder kann sich seine Lieblingstemperatur im Mischwasser aussuchen.

Auto wird rausgezogen.
Erst wird fotografiert, dann wird geholfen. Man muss ja schließlich Prioritäten setzen.

Auf dem Weg zur Eldgjá (einer großen Erdspalte) sahen wir etwas, was meinen gerne lästernden Mund vor Freude leicht zucken ließ: Ein Auto inkl. zweier Insassen hatte sich in einem Fluss eingegraben. Überraschenderweise waren sie in dem relativ flachen Bächlein stromaufwärts gestrandet[14][14] War da etwa jemand verbotenerweise offroad gefahren? und hatten sich mit den Vorderrädern festgefressen. Obwohl es ein Allradwagen war,[15][15] Wir hätten fast auch so einen genommen, hatten uns dann aber glücklicherweise für ein größeres Modell entschieden. saßen die Hinterräder nicht fest, was die Vermutung nahe legt, dass der Vierradantrieb gar nicht eingeschaltet war. Anwesend waren schon zwei weitere Ehepaare, die mit nassen Beinen oder wasserdicht gekleidet im Fluss herumturnten, samt faul herumstehenden Geländeautos, die mit trockenen Rädern am Rand standen. Wir wollten ja gerne helfen, hatten aber keine Lust, unsere Füße kalt und feucht werden zu lassen. Außerdem hatten wir das unbestimmte Gefühl, dass unser Auto viel stärker ziehen könne, als wir zu schieben in der Lage wären. Ich fuhr also das Auto rückwärts ins Wasser, Dirk wies die Anwesenden beim Anlegen des Abschleppseiles und beim Runterschieben eines Brettes an vom Ufer aus an, und eine Minute später waren beide Autos wohlbehalten wieder auf dem Trockenen, so dass wir unsere Reise mit warmen Füßen fortsetzen konnten.

Wir waren mal wieder gut in der Zeit und machten einen Abstecher auf einer Nebenstraße Richtung Laki-Krater. Wahrscheinlich stellten die Spuren der höchstens sieben Autos, die in diesem Jahr schon auf diesem Weg vor uns unterwegs waren, auch tatsächlich die Straße dar, aber nach einer halben Stunde, ca. 10 km Weg und mehrfacher Suche, um den Weg wiederzufinden, drehten wir dann doch wieder um.

Endstation für diesen Tag war Þórsmörk, aber bis dorthin gab es noch die Straße zu absolvieren, die in unserem ganzen Urlaub mit den tiefsten und spannendsten Flussdurchquerungen aufwartete. Flussdurchquerung mit dem Auto.
Hier ist noch viel Spielraum, aber manchmal kam das Wasser bis über die Motorhaube.
Auf dem Weg dorthin sahen wir vor uns in der Ferne ein weiteres Auto, das in die gleiche Richtung fuhr, aber dem wir uns langsam und stetig näherten, bis wir uns entschieden, an einer Abzweigung den rechten Weg zu nehmen. Kurz darauf kamen wir an eine Furt, die alles, was wir bisher durchquert hatten, in den Schatten stellte. Nur wenig später erschien dann hinter uns das Auto, das ehemals vor uns unterwegs war. In selbigem saß ein Familienvater samt Familie mit dem gleichen Automodell wie wir, der sein Auto genauso wenig einschätzen konnte und froh schien, dass wir zuerst durch den Fluss mussten, so wir es denn wagen sollten. Von dieser Straße begeistert zu sein schien dagegen sein Sohn, der bei jeder Flussdurchquerung voller Freude und Spannung aus dem Fenster schaute. Der Vater meinte lächelnd: "Es gibt zwei Arten zu prüfen, ob das Auto da durch kommt. Eine davon ist feucht und kalt." Damit hatte er zwangsläufig recht. Wir hofften, dass er ein Abschleppseil dabei hatte, da wir nicht wussten, ob wir eines hatten, und entschieden uns zum Durchfahren, was uns auch erfolgreich gelang. Noch schwieriger wurde es dann ein paar hundert Meter später, da hier auch noch zusätzliche Strömung ins Spiel kam. Unser kleiner Konvoi stoppte und konnte sich nicht so einfach zum Übersetzen entschließen, bis aus der Gegenrichtung zwei Fahrzeuge kamen, die uns den besten Weg dort rüber zeigten. Das machte uns mutig, so dass wir im Endeffekt mit nassem Auto aber trockenen Füßen in Þórsmörk landeten.

Puzzeln soll sehr beruhigend wirken, so dachte ich jedenfalls bisher. In unserer Unterkunft fanden wir ein Puzzle von Island, was uns durchaus zum Versuch des Zusammensetzens animierte, obwohl wir es ja gar nicht kaputt gemacht hatten. Wo fängt man bei einem Puzzle an? Genau, bei den Randstücken. Die drei(!) Randstücke des 440 Teile Puzzles waren auch bald gefunden, nur passten sie nicht wirklich zusammen, wir arbeiteten hart, schafften es dann aber doch nicht, mehr als ca. 20 Stücke zu einem großen Stück zusammenzupflanzen und gingen frustriert ins Bett.

18. Juli

Da Þórsmörk anscheinend in einer Sackgasse liegt, was uns unsere Karte verschwiegen hatte, fuhren wir mit Freude[16][16] Ja, wirklich! den gleichen Weg zurück, den wir diesmal ohne Anschauen der Furten einfach entlangrasten. Anschließend ging es an der Küste entlang auf die Halbinsel zurück, auf der auch Keflavik liegt, da wir Holger am späten Abend abholen mussten.

Vorher machten wir Station in der Blauen Lagune, einem großen Thermalbad, das natürlich auch von einer heißen Quelle gespeist wird. Dort standen am Beckenrand Eimer mit komischem weißen Schlamm herum, den man sich ins Gesicht schmieren sollte, um schöner zu werden. Tatsächlich hat das auch erst geholfen, aber der Schlamm bröckelte kurze Zeit später wieder ab. Papageientaucher.
Ein Papageientaucher schaut nach, was wir so machen.
Auch eine natürliche Dampfsauna gehört zur Blauen Lagune, die war aber so kalt, dass ich mich darin fast erkältet hätte.

Abends zelteten wir das erste Mal, und zwar vor den Toren eines kleinen Museums, das - dem Verfallsstadium nach zu urteilen - schon vor etlichen Jahren außer Betrieb gegangen, aber natürlich trotzdem in unserer Karte eingezeichnet war. An diesem Tag waren wir wirklich froh, dass wir uns damals für die größere Autovariante entschieden hatten, da wir unsere Sachen so gut im Auto verteilte hatten, dass es schon ohne Holger voll aussah. Wir schafften aber trotzdem genug Freiraum für ihn.

Island ist ein Land, bei dem spätestens um 18.00 Uhr die Bürgersteige hochgeklappt werden, so sie denn überhaupt tagsüber unten sind. Trotzdem finden sich doch tatsächlich ein paar Deppen, die um 22.00 Uhr auftauchen, um dieses Museum zu besichtigen, und uns vom Schlafen abhalten. Wir waren nämlich tatsächlich schon im Zelt verschwunden, da die Nacht aufgrund Holgers Ankunft kurz werden würde.

Ich hatte extra ein Schild mit Holgers Namen drauf gemacht, was ich hochhalten wollte, damit wir uns auch finden. Man weiß ja schließlich nie, wie sehr sich die Leute verändert haben, wenn man sie eine Woche nicht gesehen hat. Tatsächlich wartete Holger aber schon sehnsüchtig auf meine Ankunft, da Dirk, der für die Organisation der Flüge zuständig war, sich um zwei Stunden vertan hatte. Ich kann gut verstehen, dass jemand, Dreckiges Auto.
Zu dritt ist es noch leichter, das Auto dreckig zu machen.
der anderthalb Stunden vor dem Flughafen in einem fremden Land wartet, nicht gerade gute Laune hat und vier Worte wie z. B. "Das Auto war kaputt." Oder zumindest "Es tut mir leid!" hören möchte. Vier Worte gab es zwar schon, aber ob "Wartest du schon lange?" wirklich das war, was Holger sich erhofft hatte?

19. Juli

Jetzt war das Chaostrio endlich komplett und bereit, dafür zu sorgen, dass endlich ein paar Pannen auftreten. Dirk hatte mit der verpatzten Ankunftszeit den Anfang gemacht, aber das konnte ja nun nicht alles sein. Steigerung musste her. Was lag da näher als ein kaputtes Auto? Richtig, nichts!

Und tatsächlich war es auch bald so weit, dass wir während einer Rast bemerkten, dass es aus der Motorhaube so komisch qualmte. Also machten wir sie auf und sahen nach. Wir drei sind nicht gerade Experten auf dem Gebiet der Autoreparatur und haben von einem Automotor wahrscheinlich nur unwesentlich mehr Ahnung als eine Mücke von der Bevölkerungsexplosion im Sudan, daher lautet die berechtigte Frage: "Was sollte das bringen?" Es brachte allerdings tatsächlich etwas, denn auch ein Laie konnte das große nicht abgedeckte Loch im Motor erkennen, durch das normalerweise Öl eingefüllt wird und durch das eben selbiges während des Fahrens ausgetreten war und sich auf dem heißen Motor verteilt hatte.

Ein Herr bei der Autovermietung[17][17] Manchmal ist ein Handy sogar sinnvoll. versicherte uns, wir könnten noch ohne Probleme auf guten Straßen bis zur nächsten Werkstatt weiterfahren. Wir sahen das zwar ein wenig skeptisch, aber es war schließlich nicht unser Auto. Als wir an der nächsten Tankstelle von einem Skogafoss mit Regenbogen.
Der Skogafoss zeigt sein Bestes mit Regenbogen.
Autoproblem sprachen, ging ein freudiges Leuchten über das Gesicht des Mechanikers, und er eilte nach draußen, um tätig zu werden. Das nötige Ersatzteil hatte er nicht auf Lager, aber er bastelte aus Plastiktüten und Papiertüchern provisorisch einen Verschluss, der den Motor so stark abdichten sollte, dass der Wagen wieder voll und ganz einsatzfähig sei, so dass wir überall hinfahren könnten. Auch die Autoversicherung bestätigte uns das und versprach uns ein heiles Auto, das wir am nächsten Tag haben würden. Unklar blieb dabei, ob das Auto dann vollständig repariert würde oder ob es ein anderes geben würde.

Relativ unbeeindruckt von diesen Vorgängen setzten wir an diesem Tag natürlich auch unsere Rundreise fort. Besonders positiv blieb dabei das Heimatmuseum in Skógar am Skógafoss in Erinnerung, wo wir eine tolle und komplette Führung durch den Innenteil des größten Museums Islands bekamen, so dass wir auch verstanden, wozu die einzelnen Gegenstände alle nützlich gewesen waren.

20. Juli

Nach einem kleinen Abstecher zum Fagrifoss, bei dem Holger seine erste Flussdurchquerung hatte und lernte, mit dem Auto durch die Schlaglöcher zu rasen - wir mussten ja schließlich herausfinden, ob die provisorische Motorabdichtung auch wirklich hält - entdeckten wir den Jökulsarlón, einen See, in dem Eisberge schwimmen. Beeindruckt von der Menschenleere, die wir an so einem Touristenhighlight nicht erwartet hatten, See mit Eisbergen.
Da merkt man mal, wie wichtig ein kleiner Farbtupfer im Bild sein kann.
genossen wir die Aussicht besonders. Dies klärte sich, als sich bei der Weiterfahrt herausstellte, dass wir einfach zwei Kilometer früher von der Straße abgebogen waren als alle anderen, die sich nun dort auf die Füße traten.

Am frühen Nachmittag schauten wir am Skálafellsjökull vorbei, um dort eventuell eine Tour mit Snowscootern auf dem Gletscher zu unternehmen. Die knapp 100 € schreckten uns zwar ab, aber wir machten es dann doch. Hier klärte sich auch, wer ganz bestimmt am Defekt unseres Autos schuld sein musste. Holger saß noch keine Minute auf seinem Snowscooter, schon leuchtete die Ölwarnlampe auf.

Die Tour war zwar nett und auch interessant, aber wohl nicht so viel Geld wert, da wir mit geringer Geschwindigkeit im Konvoi hinterherfahren sollten. Schöner war es da schon, hinten zu fahren, den anderen einen großen Vorsprung zu lassen und dann mit Vollgas leicht abseits der ausgefahrenen Spur wieder aufzuholen. Auf der Rückfahrt vom Gletscher durfte ich dann die rutschigen Serpentinen runter etwas Gas geben, und Holger schien, als hätte er gerne sicherheitshalber einen Fallschirm umgeschnallt.

Abends sollten wir in Höfn jemanden finden, der sich ums Auto kümmern wollte. Bei der Hotline der Autovermietung ging keiner ans Telefon, so bemühten wir eine Tankstelle, eine Polizeistreife und Passanten auf der Suche nach der örtlichen Außenstelle, aber alles ohne Erfolg. Kurz darauf war die Hotline dann doch wieder besetzt und nannte uns die erste von uns befragte Tankstelle als Anlaufstelle. Die beiden Damen wussten von nichts, erfuhren aber durch einen Anruf bei der Autovermietung, dass ein Herr dafür zuständig sei, der bis morgen Abend verreist sei. Allerdings fanden sie den hinterlegten Deckel für den Motor - wie sich später herausstellte war es ein Universalersatztankdeckel - scheiterten aber an dessen Einbau, da er nicht passte. Also mussten wieder die Hobbymechaniker ans Werk: Wir schnitzten ihn ein wenig mit dem Messer zurecht, bis er endlich seine Funktion erfüllen konnte und es bis zum Ende des Urlaubs auch tat.

21. Juli

Da wir ja schließlich nicht zur Erholung auf Island waren, war täglich für 7.15 Uhr wecken angesagt. Es war zwar meist schon schwierig genug, Dirk aus dem Bett zu bekommen, aber zusammen mit Holger stellten sie quasi ein Bollwerk gegen das Aufstehen dar. Wir einigten uns aber darauf, dass sie freiwillig ihre Luftmatratzenstöpsel rauszogen. Dadurch hatten sie ein paar Minuten zum Aufwachen und ich weniger zu tun und die Gewissheit, dass sie nicht mehr lange liegen bleiben würden.

Die Ostfjorde machten sich ein wenig rar im Nebel, und das sagenhafte Steinmuseum, bei dem man für ca. 5 € hunderte (oder tausende?) von Steinen aufgeschüttet auf Holzbänken betrachten konnte, fand nicht unseren Anklang, so dass wir uns den Eintritt sparten und ohne große Pause nach Egilsstaðir weiterfuhren.

Was macht ein Isländer, wenn er sich im Wald verlaufen hat?
Er steht auf.

Tatsächlich sind die Wälder dort meist mickrig und nichts, was einen Mitteleuropäer lange faszinieren kann. Für Einheimische sind sie Haus von Gunnar Gunnarson.
Das Haus von Gunnar Gunnarson. Wer denkt sich eigentlich solche Namen aus?
dagegen so selten, dass ein Riesenwirbel darum gemacht wird. So fanden wir den Wald um den Lagarfljót bei Regenwetter nicht so spannend und konzentrierten uns eher auf den Hengifoss. Interessant (jedenfalls von außen) fand ich auch das Haus von Gunnar Gunnarson, einem berühmten isländischen Schriftsteller.

22. Juli

Island ist nicht nur das Land von Feuer und Eis, sondern besonders das Land der Wasserfälle. An allen Ecken und Enden stürzen sie zu Tal. Auf unserer Tour kamen wir an unzähligen herabfallenden Fluten vorbei, die noch nicht mal Erwähnung auf der Landkarte oder in einem Reiseführer fanden. Vielleicht zehn Prozent wurden uns überhaupt namentlich vorgestellt, und von denen habe ich nur ungefähr die Hälfte hier erwähnt.

Heute standen allerdings mal wieder ein paar bekannte und vor allem große Wasserfälle auf dem Plan: Der Dettifoss ist angeblich der größte Wasserfall Europas, wie auch immer man Wasserfälle nach der Größe sortiert. Er ist jedenfalls weder der höchste noch der wasserreichste. Nebenbei standen auch noch der Selfoss, der Hafragilsfoss und ein paar weitere sehenswerte Kaskaden auf dem Programm, die sich dort aufgereiht haben.

Ich persönlich finde ja, dass die Wassertropfen ein tragisches Schicksal erleiden. Sie stürzen sich für einen winzigen Moment des Ruhmes in die Tiefe, nur mit der klitzekleinen Hoffnung, in diesem Augenblick von einem Fotografen in einem Foto eingefangen zu werden. Unten zerschmettern sie dann grausam und unerbittlich auf den harten Steinen und hauchen ihr Leben aus, ohne jemals die Chance bekommen zu haben, wirklich berühmt zu werden. Schnüff!

Wir ließen uns dadurch unsere Laune allerdings nicht verderben, sondern fuhren weiter über Ásbyrgi und Húsavik zum Mývatn[18][18] Mückensee. Grjótagjá Höhle mit heißer Quelle.
In der Grjótagjá geht es heiß her.
Selbige[19][19] Die Mücken, nicht Ásbyrgi und Húsavik. waren aber wohl gerade ausgeflogen, so dass wir dort gut zelten konnten. Endlich mal richtig unterhaltsam war Holger, der nach (!) dem Aufpusten beim manuellen Zuhalten seiner Luftmatratze feststellte, dass der Stöpsel noch im Auto lag.

23. Juli

Am Mývatn findet sich die lauschige Höhle Grjótagjá, in der man früher in einem heißen See baden konnte. Der ist allerdings mittlerweile zu heiß zum Plätschern geworden, so dass man aufpassen muss, dass man nicht hineinfällt. Auch einen farbenfrohen Berghang voller vulkanischer Aktivität, der gleich um die Ecke liegt, kann ich nur empfehlen.

Es gibt zwei Sorten von Kirchen auf Island: Die einen sehen alle gleich aus, so dass man sie kaum unterscheiden kann. Sie tauchen an allen möglichen Stellen auf und stehen teilweise auch überraschend mitten in der Landschaft, sind aber meist in kleinen Orten beheimatet. Andererseits sind dann ungewöhnliche Kirche.
Kirche oder nicht Kirche …
ungewöhnliche Kirche.
… das ist hier die Frage.
da noch die Gotteshäuser, die man kaum als solche erkennen kann und wie ein neumodisches Kunstwerk aussehen, so dass sie meiner Meinung nach im Vermitteln von Wärme und Geborgenheit fast vollständig versagen.

Nach weiteren Abstechern in die Umgebung ging es weiter zum Goðafoss und nach Akureyri, die diesmal mit einer abwechslungsreichen, aber trotzdem schönen Kirche aufwarteten. Auch der botanische Garten ist definitiv einen Besuch wert.

Abends klärten wir noch telefonisch ab, wo und wann wir uns am nächsten Tag zum Rafting einfinden mussten, an dem wir teilnehmen wollten, und meldeten uns auch gleich für eine fortgeschrittene Fahrt an, da uns die einfache Fahrt zu langweilig erschien. Die richtig aufregende Tour war nicht möglich, da sie an dem Tag nicht stattfand.

24. Juli

Was für einen IQ muss man eigentlich haben, um als Schaf überleben zu können? Das Gras scheint mitten auf der Straße immer am grünsten zu sein, denn dort hielten sich die meisten der Vierbeiner auf. Wenn wir uns näherten, liefen sie zwar fast immer sofort davon, oft jedoch auf der Straße entlang! Dann wunderten sie sich wahrscheinlich noch, dass wir sie so lange verfolgen.

Nach einem kleinen Abstecher durch die Fjorde und nach Glaumbær, wo ein sehenswerter alter Hof samt Ausgrabungsstätte steht, fuhren wir nach Varmahlið, von wo das Rafting starten sollte. Die waren ein wenig erstaunt und hatten unsere telefonische Anmeldung wohl nicht entsprechend gewürdigt. Trotzdem wurde nach kurzer Organisationsphase ein weiterer Führer aufgetrieben und einfach ein Boot mehr den Berg hinauftransportiert. Wir wurden mit dem Bus in die Berge gefahren, in Trockenanzüge verpackt und bekamen Schwimmwesten und eine kleine Einführung.

Ein Trockenanzug hat einen entscheidenden Vorteil.
Welchen? Er hält trocken?

Das war eine Illusion, die ich schon wieder aufgab, als wir noch unser Boot zu Wasser ließen, da sich meine Füße plötzlich sehr nass anfühlten. Das waren sie auch tatsächlich, Landschaft auf Island.
Rafting hat uns auch viel Freude bereitet.
aber glücklicherweise hielt der Rest des Anzuges das, was er versprach. Unterwegs haben wir angehalten, um heißen Kakao zu trinken. Das heiße Wasser dafür kam – wie sollte es anders sein – aus einer heißen Quelle. Das Rafting durch ein paar Schluchten und über Stromschnellen hätte durchaus aufregender sein können, aber es hat auf jeden Fall viel Spaß gemacht. Unser Kapitän verriet uns, dass es tatsächlich Leute gibt, die glauben, sie kommen an der gleichen Stelle wieder an, wo sie losgefahren sind, obwohl es die ganze Zeit mit der Strömung geht.

25. Juli

Am vorletzten Tag ging es über die Hochlandroute Kjölur wieder Richtung Reykjavik. Der Reiseführer sagt zu dem Thema, dass man mehr als einen Reservekanister mitnehmen soll. Auch sollte man vorher Bescheid sagen, wohin man aufbricht, so dass eine Suchaktion gestartet werden kann, wenn man dort nicht eintrifft. Ich persönlich habe immer Dirk und/oder Holger erzählt, wohin ich fahre. Reservekanister hatten wir allerdings nie dabei.

Während eines kleinen Abstechers zum Hvitárvatn überholten wir erst einen Radfahrer und durchquerten anschließend einen Fluss. Da wir mal fotografieren wollten, wie anstrengend das Durchqueren solcher Furten ohne Auto ist, warteten wir auf den Radfahrer. Landschaft auf Island.
Manche Siedlungen auf Island sind sehr farbenprächtig.
Wir boten ihm zwar unsere Hilfe an, aber die wollte er nicht annehmen, oder er verstand unser Angebot nicht. Ihm selbst war die Stelle, durch die wir gefahren waren, aber zu tief, so dass wir erst mal gemütlich eine kleine Mahlzeit im Auto einnahmen, während er am Suchen war. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob er einen besseren Weg gefunden hat, aber er hatte schlechte Laune und bedachte uns scheinbar mit (vietnamesischen?) Schimpfworten, so dass wir dann doch ohne Foto weiterfuhren in Richtung Gullfoss, einem wirklich schönen Wasserfall.

Geysire sind schelmische Geschöpfe, die Fotografen gerne mal Geysir Strokkur.
Auch wenn sie regelmäßig aufbrechen, sind sie doch nicht so einfach zu fotografieren - zumindest nicht mit einem analogen Fotoapparat.
einen Streich spielen, so auch der Strokkur. Eigentlich sollte es ziemlich einfach sein, einen Geysir zu fotografieren, der ungefähr alle fünf Minuten ausbricht. Aber der Strokkur brauchte teilweise deutlich länger und blubberte nur ein bisschen, als warte er darauf, dass die Fotografen ihre Apparate wieder von den Augen nehmen. Kaum war das geschehen, spritzte er umso stärker und schöner. Er ist halt ein bisschen scheu, der Kleine. Der große Geysir, der der Namensgeber aller Geysire ist, bricht dagegen nur zu besonderen Anlässen aus, weil er dann mit Seife gefüttert wird.

26. Juli

Nach Reykjavik, ein wenig Küste und einem weiteren Thermalgebiet mussten wir wieder nach Keflavik und von der Insel Abschied nehmen. Der Check-In gestaltete sich aus unerfindlichen Gründen schwierig, aber wir lernten dabei, wie man auf Island auch mit mehr als 20 kg pro Person ins Flugzeug kommt: Eine kleine Gruppe neben uns (ca. 6 Leute) musste ihr gesamtes Gepäck gleichzeitig auf die Waage stellen, die allerdings bei 100 kg stehenblieb.

Der Rückflug verlief ereignislos, wobei ich mich frage, warum die Borddurchsage "Wir sind gelandet. Bitte bleiben Sie angeschnallt, bis wir am Terminal sind!" für mindestens die Hälfte der Mitfliegenden signalisiert, dass sie jetzt ihre Gurte lösen und aufstehen sollen.

Fazit

Island ist auf jeden Fall eine Reise wert, wenn man bereit ist, horrende Preise und einen gewissen Abstrich an Komfort hinzunehmen. Wer glaubt, dass eine Reise mit dem Auto rund um und quer über Island gefährlich ist, den muss ich enttäuschen. Island ist nicht mehr so wild, wie es mal war. Auch hier haben Technik und Tourismus Einzug gehalten, wenn auch letzteres sehr viel weniger als anderswo, was ich als sehr angenehm empfunden habe. Tankstellen, Geschäfte und Übernachtungsmöglichkeiten gibt es genug, Hallgrimskirkja in Reykjavik.
Hallgrimskirkja in Reykjavik.
aber man sollte das Auto dennoch nicht bis auf den letzten Tropfen leer fahren.

Ich kann eine Reise per Geländewagen wirklich empfehlen, er lohnt sich aber nur dann, wenn man bereit ist, ihn auch so einzusetzen, wie er gedacht ist. Sonst entgeht einem eine Menge Spaß!

Die Geschwindigkeit, mit der man dort unterwegs ist, ist sehr stark vom eigenen Fahrverhalten abhängig. Wer schnell fährt, der kommt auch auf holprigeren Wegen gut voran. Wir haben in den 14 Tagen knapp 4400 km zurückgelegt. Ab einer gewissen Geschwindigkeit gleitet man deutlich erschütterungsfreier über die Schlaglöcher. Asphaltiert sind auf Island nur sehr wenige Straßen.

Sehr unzuverlässig sind die Vulkane. Obwohl eigentlich lange genug bekannt war, dass wir nach Island reisten, konnte sich keiner der Herrschaften bequemen, für uns auszubrechen.