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Eine ruinöse Städtereise

Zur Audienz in Rom

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Prolog

Diesmal hatten Dirk und ich uns für Rom entschieden in der Hoffnung, dass es dort in den Herbstferien nicht so voll sei wie über Ostern. Kolosseum bei Nacht.
Das Kolosseum ist eines der Wahrzeichen Roms.
Außerdem war es vielleicht auch mal angebracht, etwas für unser Seelenheil zu tun, wobei sich dann zu meinem Entsetzen herausstellte, dass es im Vatikan keine einzige evangelische Kirche gibt.[1][1] Wenn ich das nur vorher geahnt hätte...

21. Oktober (Mittwoch)

Der Mittwoch diente der Anreise und dem Bezug des Hotels Giotto, das uns beide zusammen für 315 € für sieben Nächte beherbergte und mit Frühstück versorgte - ein wirklich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Nur die nähere Umgebung bot leider nicht wirklich Spielraum für ein gemütliches Abendessen. Engel auf der Engelsburg.
Die Erscheinung meines Namensgebers Erzengel Michael über dem Kastell soll Papst Gregor I. das Ende der Pest verkündigt haben, indem sie ihr Schwert wegsteckte.
Was soll man von einer Pizzeria erwarten, wenn man die Fertigpizzen im Gefrierschrank gestapelt sieht?

Als kleines Bildungsfernsehen führten wir uns noch "Illuminati" von Dan Brown zu Gemüte, auf dessen Spuren wir in den kommenden Tagen wandeln wollten. Insgesamt schienen uns die entsprechenden Hinweise aber nicht so aussagekräftig wie Robert Langdon im Film, sodass wir dieses Ansinnen wieder aufgaben.

22. Oktober (Donnerstag)

Für die sechs Tage hatten wir uns einen Rome City Pass geleistet, der uns kostenlosen Eintritt zu vielen Highlights bescherte. Das war aber nicht der Clou an der Sache. Das wirklich Wichtige war: Man konnte bei vielen Sehenswürdigkeiten an allen Schlangen vorbei direkt hinein gehen. Leider war an der Engelsburg, unserem ersten Ziel, gar nicht so viel los, so dass sich der gefühlte Nutzen noch in Grenzen hielt. Wir hofften auf den morgigen Besuch im Vatikan, vor dem heute 500 bis 1000 Leute geduldig auf Einlass ausharrten. Für uns war das umso erstaunlicher, da überall auf dem Weg dorthin damit Werbung gemacht wurde, dass man mit den außerhalb gekauften etwas teureren Tickets direkt an der Schlange vorbei Einlass bekam. Noch seltsamer war, dass sich auch Reisegruppen einreihten. Das spricht nicht für gut informierte Führer. Vierströmebrunnen auf dem Piazza Navona.
Die vier Männerfiguren am Vierströmebrunnen (1648-1651) auf dem Piazza Navona stehen für die großen Ströme Donau, Ganges, Nil und Rio de la Plata als Vertreter für die damals bekannten Kontinente. Das verhüllte Haupt (Statue hinten rechts) drückt aus, dass die Quelle des Nils noch nicht entdeckt worden war.
Uns hätte es doch massiv gestört, dort unsere Zeit zu vergeuden.

Das Castel Sant’Angelo war ursprünglich als Mausoleum für den römischen Kaiser Hadrian erbaut worden und wurde später von verschiedenen Päpsten zu einer Burg umgebaut, die sie vor ihren weltlichen Feinden beschützen sollte. Aus diesem Grund gibt es auch einen überdachten Gang vom Vatikan zur Burg, durch den sich der Pontifex Maximus im Notfall zurückziehen konnte.

Anschließend wandelten wir weiter durch das Zentrum von Rom, das mit wunderschönen Straßen und kleinen und großen hübschen Plätzen glänzte. Überall lauerten malerische Brunnen, und an nahezu jeder Ecke versteckten sich Kirchen. Teilweise waren diese so sehr in die Fassaden integriert, dass man sie erst sah, wenn man direkt davor stand. Rom machte seinem Ruf als schöne Stadt wirklich alle Ehre.

Auch wenn man den Pantheon, dessen Kuppel anderthalb Jahrtausende die Größte der Welt war, bei einem Besuch in der ewigen Stadt sicherlich nicht auslassen darf, hat er mich nicht so beeindruckt, Madonna dei Pellegrini von Caravaggio (1604-1606).
Der Maler Caravaggio begeisterte insbesondere durch seine Hell-dunkel-Gestaltung. Nicht so gut kam dagegen an, dass man im Antlitz der Madonna eine stadtbekannte Prostituierte erkennen konnte.
da sich einfach viel zu große Besuchermassen in sein Innerstes schoben. So konnte - was ich ein wenig von einer Kirche erwarte - keine Ruhe und Besinnung aufkommen. Mehr lagen mir die weniger besuchten aber dafür deutlich schöneren Kirchen wie zum Beispiel die Sant'Andrea della Valle, die nicht nur durch ihre schöne Deckenbemalung heraus stach.

23. Oktober (Freitag)

Den Freitag begannen wir mit einer Hop-On-Hop-Off-Stadtrundfahrt, die uns aber nur mäßig gefiel, denn die Technik war alles andere als überzeugend, und es war schwierig, funktionierende Buchsen für die Kopfhörer zu finden.

Den Selfie-Trend habe ich schon vor zwei Jahren moniert, aber nun ist es amtlich: Selfies sind gefährlich, wie man an diversen mehr oder weniger seriösen Orten im Netz nachlesen kann. Im letzten Jahr starben demnach mehr Leute durch Unfälle, die beim Anfertigen eines Selbstportraits ausgelöst wurden, als durch Hai-Angriffe. Das ist allerdings nicht besonders verwunderlich, da Haie deutlich friedfertiger sind, als ihr Ruf suggeriert, nehmen sie im Jahr doch nur eine gute handvoll Menschen zu sich.[2][2] Da schien der Weiße Hai im gleichnamigen Film von Steven Spielberg deutlich engagierter. So oder so kann ich dem Trend immer noch nicht viel abgewinnen - insbesondere dann, wenn er so ambitioniert ausgeübt wird, wie es der eine Mitreisende im Bus tat, der während der Fahrt mehr Fotos von sich machte als ich Bilder von Rom - und das, obwohl ich wirklich nicht faul war.

Anschließend besuchten wir die vatikanischen Museen, wohl eine der größten und wichtigsten Kunstsammlungen der Welt. Kein Wunder, dass davor eine riesige Schlange von Menschen auf Einlass wartete. Glücklicherweise hatten wir vorher reserviert und konnten daher direkt ohne Verzögerung die heiligen Hallen betreten, was uns mindestens eine Stunde Zeit sparte. Außerdem spielte nun die Technik der Stadtrundfahrt ihre Trümpfe aus: Die billigen Kopfhörer ließen sich an den Audioguide anschließen, wodurch man diesen nicht ständig ans Ohr halten musste, und da wir den ganzen restlichen Tag dort verbrachten, wären unsere Arme schon arg schwer geworden. Wir genossen aber die vielen Eindrücke, die Augen und Ohren sammelten, so ausgiebig, dass wir auch von Gruppen überholt wurden, die fast drei Stunden später als wir gestartet waren.[3][3] Woher ich das weiß? Etliche Gruppen liefen mit Klebestickern auf ihrem Oberkörper herum, auf denen die Ankunftszeit in den Museen vermerkt war.

Eines der Highlights stellte natürlich die Sixtinische Kapelle dar, die unter anderem das berühmte Deckengemälde "Die Erschaffung Adams" von Michelangelo schmückt. Trotz der ungeheuren Touristenmassen - in der Kapelle befanden sich mehrere Hundert Personen gleichzeitig - war es erfreulich ruhig, so dass man die Kunstwerke noch genießen und in Ruhe betrachten konnte. Mir persönlich haben allerdings die Stanzen[4][4] Stanzen ist ein anderes Wort für Räume. des Raphael noch deutlich besser gefallen. Da waren die Bilder dichter dran, und man durfte fotografieren![5][5] Letzteres ist ein nicht zu verachtendes Argument für mich.

Als wir dann abends das Gelände wieder verließen, waren wir erledigt von der vielen Kunst, die auf uns eingeprasselt war, Begegnung Leos' des Großen mit Attila von Raffaello Santi (1513-1514).
In der "Begegnung Leos' des Großen mit Attila" von Raffaello Santi (1513-1514) verteidigen die beiden Apostel Petrus und Paulus den Kirchenstaat gegen die Hunnen.
sodass wir nur noch gemütlich in einem kleinen netten Restaurant in der Nähe des Museums strandeten, wo - in unserer Anwesenheit - schon massiv die Stühle hochgeklappt wurden. Dirk mutmaßte, dass sie nur wegen uns noch geöffnet hatten und verwies auf das Ristorante gegenüber, das gerade schloss. Ich hielt dagegen, dass es gerade erst 18.00 Uhr war und während wir aßen (vielleicht auch wegen uns) noch etliche andere Gäste das Lokal stürmten. Da kann man doch nicht vorher schließen, oder? Leider schien Dirk Recht zu haben, denn ein paar Tage später, als wir um halb Sieben erneut in der Ecke waren und die Osteria gerne frequentiert hätten, war dort alles dunkel.[6][6] Kein Wunder, dass die Wirtschaft bei den Südeuropäern gerade nicht so floriert.

24. Oktober (Samstag)

Zunächst fielen wir erneut in den Vatikan ein. Der Vatikanstaat steckt voller Superlative. Er ist mit 0,44 Quadratkilometern das kleinste Land der Erde Petersdom von der Engelsburg aus.
Von der Engelsburg aus hat man einen guten Blick über die Dächer von Rom auf den Petersdom.
und beherbergt mit gut 800 Einwohnern am wenigsten Menschen. Dafür sind 100 % katholisch[7][7] Wer hätte das gedacht?, und die Alphabetisierungsrate ist mit 100 % weltweit die höchste. Vince Ebert sagt über ihn: "Der Vatikan ist wie ein schwarzes Loch: Es dringt keine Information nach außen, und innen steht die Zeit still." So ganz falsch liegt er damit nicht.

Wir reihten uns brav in die Schlange für den Petersdom ein, die aber am Morgen noch ziemlich moderat war, sodass wir nicht lange warten mussten. Später, als wir die Kirche verließen, standen da knapp 1000 Leute, die geduldig ausharren mussten.

Die erste Kirche, die hier über dem vermuteten Grabmal von Petrus errichtet wurde, ließ Bischof Silvester I. im 4. Jahrhundert errichten. Schweizer Garde vor dem Vatikan.
Die Schweizer Garde links neben dem Eingang zum Petersdom kommt lässt einen passieren, wenn man deutsch spricht. Dahinter befindet sich nämlich der deutsche Friedhof.
Leider wusste ich das damals noch nicht, sonst hätte ich es ausprobiert - schon alleine um die vielen Touristen zu überraschen, die gerne an der Wache vorbei gegangen wären.
Erst über 1000 Jahre später wurde diese abgerissen und durch eine riesige und pompöse Kirche ersetzt. In gewisser Weise war das Bauprojekt Mitauslöser der Spaltung der christlichen Kirche, da die Baukosten den Ablasshandel auf die Spitze trieben, was Martin Luther dann auf den Plan rief. Der Eintritt ist trotzdem kostenlos, aber dafür wird das Geld über die Audioguides wieder reingeholt.

Die "Basilica Papale di San Pietro in Vaticano" ist einer der größten Sakralbauten der Erde, die nur geringfügig von wenigen anderen christlichen Gotteshäusern übertroffen wird. Ganz anders trumpft da der Islam auf, der mit der Prophetenmoschee in Medina gleich die 20-fache Grundfläche zu bieten hat, Angkor Wat, das wir 2014 besuchten, wartet sogar mit der 100-fachen Fläche auf. Fairerweise muss man gestehen, dass zumindest letzteres nicht vollständig überdacht ist.[8][8] Bei der Prophetenmoschee scheint auch nur ein Teil der Grundfläche gegen Regen geschützt zu sein.

Zusätzlich zur schieren Größe hat der Dom auch einiges an großer Kunst zu bieten, was dazu führte, dass wir anstelle der ursprünglich eingeplanten ein bis zwei Stunden fünf Stunden in und auf dem Gebäude verbrachten, wobei es manchmal gar nicht so einfach war, in Ruhe irgendwo stehen zu bleiben und eine Sache auf sich wirken zu lassen, weil man plötzlich von einer Reisegruppe umringt wurde, die einen kurze Zeit später mitschleifen wollte. Insgesamt schien ganz Rom stark überlaufen zu sein, und ich möchte gar nicht wissen, wie sich das Problem in der Hauptsaison darstellt.

Außerdem hat uns auch gestört, dass uns kein Papst persönlich empfangen hat - und das, obwohl es selten so viele Päpste gleichzeitig gegeben hat.[9][9] Es ist schon etwas schade, dass der alte Witz "Im Vatikan gibt es durchschnittlich zwei Päpste pro Quadratkilometer." nicht mehr richtig funktioniert, da es jetzt ja vier sind. Wir hatten schon erwartet, dass uns einer der beiden um eine Audienz bittet.

Am späten Nachmittag besuchten wir die Spanische Treppe, wo das Leben Roms pulsiert. Wer traut sich schon zuzugeben, in Rom gewesen zu sein, ohne auf der spanischen Treppe gesessen und dem geschäftigen Treiben rings herum zugesehen zu haben? Das wäre eine Schande! Tja, leider haben wir versagt: Sie war nämlich gerade wegen Renovierung geschlossen, und wir konnten sie nur von oben oder unten bewundern. So machte sie eher einen unscheinbaren Eindruck.

Dann aber gab es die Versöhnung am Trevi-Brunnen, wie er so schön, anmutig und elegant vor uns lag. Wie das Wasser die Terrassen herunter plätschert. Hier, wo Fellini den berühmten Filmkuss zwischen Anita Ekberg und Marcello Mastroianni in "La Dolce Vita" inszenierte[10][10] Die Szene wurde im Winter gedreht. Während die Schwedin keine Problem hatte, stundenlang im kalten Wasser zu stehen, bereitet dies dem Italiener so große Schwierigkeiten, dass ihm mit Wodka geholfen werden musste., wo das Herz von Rom schlägt… Pustekuchen! Auch dieser war wegen Bauarbeiten vollständig eingezäunt und außer Gefecht. So konnten wir noch nicht mal eine Münze hinein werfen, wie man es tun soll, damit man wieder nach Rom zurück kehrt.[11][11] Die Münzen, die die Touristen in die Brunnen von Rom schmeißen, werden regelmäßig von der Stadt eingesammelt und wohltätigen Zwecken gespendet. So kommt jedes Jahr fast eine Million Euro zusammen.

Feuerkünstler auf dem Piazza Navona.
Ein Feuerkünstler auf dem Piazza Navona begeistert eine Menge Menschen.

Als Ausgleich dazu machten wir - wie fast jeden Abend - schöne Nachtbilder von Rom und besuchten den Time Elevator, so eine Art Kino mit Spezialeffekten, in dem die Geschichte Roms von Romulus und Remus an bis heute beleuchtet werden sollte. Engelsburg bei Nacht.
Die Engelsburg macht auch bei Nacht eine gute Figur.
Wir versprachen uns zwar nicht allzu viel davon, aber insgesamt war es ganz nett und auch ein wenig informativ, obwohl wir doch vom Alter her nicht mehr ganz ins Zielpublikum passten. Aber dafür fühlen wir uns ja noch ganz jung.[12][12] Zumindest wenn man Dirks Rücken außer Acht lässt.

Ich dachte immer, Italiener seien das Volk des Weines schlechthin. In Restaurants wurde uns zwar des Öfteren so ein Traubensaft angeboten, aber spätestens, wenn Dirk danach fragte, was für Weine sie denn hätten, dann offenbarte sich das ganze Elend. Normalerweise zuckten die Kellner dann nur noch mit den Schultern und offerierten "weiß" und "rot" als Antwort. Immerhin einmal gab es auch zwei rote Weine zur Auswahl. Diese wurden dann aber beide mit "Hauswein" tituliert.

25. Oktober (Sonntag)

Vielleicht war es das erste Mal, dass ich eine Straße besichtigt habe. Diese nannte sich die "Via Appia (Antica)", Römisches Kopfsteinpflaster.
Für den Bau so einer Straße musste einen guten Meter tief gebuddelt werden. Noch heute kann man die Abnutzungserscheinungen im Pflaster erkennen.
wurde bereits 312 v. Chr. begonnen und gilt heute als das längste Museum der Welt.[13][13] Ich liebe Superlative! Schon zu Zeiten der Römer führte sie von Rom bis nach Brindisi, was eine Strecke von 540 km ergibt. Wir sind aber nur die ersten sieben entlang gepilgert, wofür wir schon den ganzen Tag gebraucht haben.

Wir begannen am "Museo della Muro"[14][14] Zu deutsch: Museum der Stadtmauern., wo wir einen guten Einblick in und einen schönen Ausblick über die damalige Stadtmauer bekamen. Dort fanden wir auch endlich eine Karte des antiken Roms, auf der wir die sieben Hügel suchten. Wir fanden die Zuordnung allerdings nicht so eindeutig, wie sie oft dargestellt wird.

Wir besuchten die Katakomben Santa Domitila, wo Christen damals Zuflucht suchten oder auch nicht,[15][15] Es ist umstritten, ob Katakomben nur zur Bestattung oder auch als Zufluchtsstätte dienten, da sich sowohl die Führer als auch verschiedene Ansichten in der Wissenschaft zu widersprechen scheinen. wandelten über den Circus Maxentius und kamen an den Fußabdrücken von Jesus Christus vorbei, Auch schöne Blumen säumten den Weg der Via Appia Antica.
Auch schöne Blumen säumten den Weg der Via Appia Antica.
wo Petrus umkehrte und nach Rom zu seinem Martyrium zurück ging.[16][16] Stichwort: "Quo Vadis, Petrus?" Persönlich fand ich die Fußabdrücke der Dinosaurier, die wir mal in Namibia gesehen haben, aus wissenschaftlicher Sichtweise stichhaltiger erklärt.

Weitere Stationen an der "Königin der Straßen" waren das Mausoleum der Cecilia Metella, eine alte Therme und viel antikes Kopfsteinpflaster.

Auf dem Rückweg zum Hotel halfen Dirk und ich dann noch einer alten Dame mit ihrem Wägelchen in den Bus, worauf diese sich überschwänglich mit einem gewaltigen Wortschwall bei uns bedankte und erst von uns abließ, als wir ihr deutlich machen konnten, dass wir außer "Grazie" kein Wort verstanden hatten. Immerhin haben wir so unsere gute Tat für dieses Jahr endlich vollbracht.

26. Oktober (Montag)

Die Wirtschaftskrise sieht man auch ganz deutlich in der ewigen Stadt. So gibt es ganze Viertel, die durch mangelnde Renovierungsmaßnahmen in der Vergangenheit quasi in Ruinen liegen. Aber auch vor solchen Dingen soll man nicht die Augen verschließen. Nein, wir wollten uns diesen Problemen bewusst stellen, und besuchten daher das Kolosseum. Kolosseum von innen.
Früher, als der Eintritt noch kostenlos war, bot das Kolosseum ca. 50.000 Zuschauern Platz. Heute hat man das Gefühl, dass sich genauso viele Touristen drinnen drängeln.
Die gleiche Idee wie wir hatten auch Tausende von Touristen, sodass es völlig überlaufen war.

Das Amphitheatrum Flavium, wie es ursprünglich genannt wurde, war das größte je gebaute Amphitheater der Welt.[17][17] Ich konnte allerdings nicht klären, was genau ein Stadion von einem Amphitheater abgrenzt, und ich kann mir kaum vorstellen, dass die heutigen Arenen nicht teilweise deutlich größer sind. Es wurde zwischen 72 und 80 n. Chr. erbaut und in den fast 2000 Jahren danach durch Brände, Erdbeben, Abtragung und Smog so stark zerstört, dass man die Zuschauerreihen an vielen Stellen nur noch erahnen kann. Da der ursprüngliche Boden fehlt, kann man allerdings gut die Gänge und Räume unter der Arena erkennen, von wo aus die wilden Tiere mit Aufzügen an die Oberfläche gebracht wurden. Es finden sich übrigens keine Beweise, dass dort auch Christen den Tod gefunden haben. Forum Romanum.
Auf dem Forum Romanum sind nur noch wenige Gebäude in ihrer ganzen Höhe zu bestaunen.
Vermutlich fanden ihre Hinrichtungen an anderen Stellen statt.

Nebenan - gleich hinter dem Titusbogen[18][18] Vor kurzem wurde sogar ein zweiter Titusbogen entdeckt. Der ist aber nicht zu bestaunen, sondern wird wieder mit Erde zugedeckt, weil das Geld für eine vollständige Ausgrabung nicht reicht. - findet sich das Forum Romanum, das ebenso in früherem Sumpfgebiet gebaut wurde. Die Cloaca Maxima[19][19] Das ist ein ausgeklügeltes Abwassersystem. sorgte ab 600 v. Chr. dafür, dass man trockenen Fußes über den politischen, wirtschaftlichen und religiösen Mittelpunkt des römischen Imperiums wandeln konnte. Heute ist es eine riesige und sehr große Ausgrabungsstätte. Wer vollständig erhaltene Gebäude sucht, der ist hier falsch, aber wer es schafft sich vorzustellen, wie es hier vor 2000 Jahren aussah, der kann gut in das damalige Leben eintauchen. Zusammen mit unserem Audioguide verbrachten Dirk und ich den Rest des Tages zwischen den Ruinen, bis wir vom Räumkommando rausgefegt wurden.

Abends besuchten wir noch den nahe gelegenen Palazzo Valentini, unter dem umfangreiche Ausgrabungen durchgeführt worden waren. Nun kann man die Überreste der ursprünglich an dieser Stelle stehenden Gebäude sehen. Diese werden so geschickt mit Licht in Szene gesetzt, dass man das Gefühl hat, man hätte tatsächlich noch die private Therme und das schicke Einfamilienhaus vor bzw. unter sich stehen. Auch die Trajanssäule direkt daneben wurde erklärt und illuminiert. So anschaulich wurden mir Ausgrabungen zuvor noch nie dargeboten.

27. Oktober (Dienstag)

Zunächst suchten wir ein weiteres Mal Katakomben auf, da wir die Hoffnung hatten, damit unsere Fragen zu dem Thema endlich abschließen zu können. Die Priscilla-Katakombe, die auch Königin der Katakomben genannt wird, Santa Maria Maggiore in Rom.
Die Santa Maria Maggiore aus dem 5. Jahrhundert ist eine der ursprünglich vier Papstbasiliken und damit direkt dem heiligen Stuhl unterstellt. Sie sollte bei einer Pilgerfahrt nach Rom nicht fehlen.
Durch ihre Funktion genießt sie exterritorialen Status: Sie untersteht zwar grundsätzlich der italienischen Jurisdiktion, befindet sich aber unter Kontrolle des heiligen Vaters und der vatikanischen Polizei.
weil dort viele bekannte Märtyrer begraben wurden, sticht vor allem durch ihre gut erhaltenen Gemälde und eines der ältesten Bilder der Mutter Christi hervor. Die Führung selbst konnte uns aber nicht völlig überzeugen, und die Erklärungen waren teilweise widersprüchlich zu dem, was wir zwei Tage vorher an der Via Appia Antica erfahren hatten.

Weiter ging es zu den Thermen des Diokletian am Termini, die gewaltig und beeindruckend waren. Sie wurden um 300 n. Chr. von angeblich 40.000 Sklaven gebaut und boten Platz für bis zu 3.000 Badegäste. Viel schöner, informativer und vor allem um Lichtjahre anschaulicher fanden wir allerdings die Vortagestour im Palazzo Valentini. Eventuell hatten wir auch in den letzten Tagen genug Ruinen gesehen, sodass sich nun eine gewisse Sättigung einstellte.

Als Abrundung des Urlaubs pilgerten wir noch ein wenig durch die Stadt, besuchten ein paar schöne Kirchen (z.B. die San Clemente und die Santa Maria Maggiore) und sahen die heilige Treppe an, die man nur auf Knien emporsteigen darf, damit einem seine Sünden vergeben werden. Da sie abgesperrt war, werden Dirk und ich wohl weiterhin mit dem Fegefeuer vorlieb nehmen müssen.

Epilog

Die Stadt Rom hat meine Erwartungen deutlich übertroffen, egal ob es um das gemütliche Flanieren durch die kleinen Gassen, die anstrengenden Besuche in den Museen oder die überwältigende Menge an antiken Ruinen geht. Die ewige Stadt ist trotz der ungeheuren Touristenmassen ganz sicher auch in Zukunft eine Reise wert.